Qualitätsgerechtes Einkaufen

25.07.2023
- (Lesedauer: 13 Minuten)

Die Norm fordert hochwertige Rohstoffe und Dienstleistungen von zuverlässigen Lieferanten. Bewertung und klare Kommunikation der Anforderungen sind wichtig.

 

Warum soll man nicht jeden Lieferanten nutzen?

Welche Ziele verfolgt die Norm?
Die Norm strebt an, dass das Unternehmen seine hochwertigen Rohstoffe und Dienstleistungen nur von kompetenten und zuverlässigen Lieferanten bezieht.

Was genau besagt die Norm?
Dieser Abschnitt der Norm regelt alle Anforderungen an Prozesse, die mit dem Einkauf von Produkten, Dienstleistungen oder der Auslagerung ganzer Prozesse verbunden sind und einen Einfluss auf das Endprodukt haben. Die Norm nennt folgende mögliche Fälle:

  • Produkte und Dienstleistungen, die in eigene Produkte und Dienstleistungen integriert werden,
  • Produkte und Dienstleistungen von Dritten, die an eigene Kunden verkauft werden, und
  • Ausgelagerte Tätigkeiten.

Alles, was zugekauft wird und die Qualität beeinflusst, muss den festgelegten Anforderungen des Einkäufers entsprechen. Um dies zu gewährleisten, müssen entsprechende Steuerungsmaßnahmen festgelegt werden.

Der zweite Teil dieses Normabschnitts, der unter der Überschrift "Allgemeines" steht, befasst sich mit der Bewertung der Lieferanten. Das Unternehmen wird dazu verpflichtet, Lieferanten vor und während einer Lieferbeziehung zu bewerten. Die Kriterien für diese Bewertung müssen von jedem Unternehmen individuell festgelegt werden und können je nach Produkt oder Dienstleistung von Lieferant zu Lieferant variieren.

Die Bewertung der Lieferanten muss dokumentiert werden. Zudem muss eine Leistungsbewertung der Lieferanten im Rahmen der Managementbewertung erfolgen (siehe "Funktioniert unser Qualitätsmanagementsystem insgesamt?").

Wie kann dies in der Praxis umgesetzt werden?
Auch wenn Produkte und Dienstleistungen zugekauft oder ganze Prozesse ausgelagert werden, bleibt der Käufer dennoch gegenüber seinen Kunden für diese Produkte, Dienstleistungen oder Prozessergebnisse verantwortlich. Der Kunde hat diese beim Lieferanten beauftragt, nicht beim Lieferanten des Lieferanten. Daher gibt es keine Ausreden, wenn fehlerhafte Produkte oder Dienstleistungen an die eigenen Kunden weitergegeben werden: Jedes Unternehmen muss sicherstellen, dass die zugekauften Produkte und Dienstleistungen qualitätsgerecht sind. Die erforderlichen Maßnahmen dazu sind:

  • sorgfältige Auswahl eines zuverlässigen Lieferanten oder Dienstleisters
  • schriftliche Beauftragung mit genauer Beschreibung der Anforderungen an das Produkt und die Dienstleistung und
  • Prüfung der Produkte und Dienstleistungen, die in eigene Produkte integriert oder als eigene Produkte oder Dienstleistungen weiterverkauft werden.

Es gibt verschiedene Verfahren zur Bewertung von Lieferanten. Einige dieser Vorgehensweisen sind sehr aufwändig. Nicht jeder Lieferant hat die gleiche Bedeutung. Der Aufwand für die Lieferantenbewertung sollte entsprechend der Bedeutung des Lieferanten für das Endprodukt gestaltet werden. Das bedeutet, für wichtige, kostspielige oder sicherheitsrelevante Produkte sollte ein hoher Aufwand betrieben werden, während der Aufwand für unwichtige oder Standardprodukte bei der Wareneingangsprüfung und Lieferantenbewertung begrenzt sein sollte. Das Gleiche gilt für Dienstleistungen: Wenn ein externer Dienstleister das Unternehmen repräsentiert, sollte er sorgfältig ausgewählt und gut qualifiziert sein. Die meisten Verfahren unterscheiden zwischen der Erstauswahl eines Lieferanten und der fortlaufenden Bewertung. Bei der Erstauswahl können folgende Kriterien wichtig sein:

  • Unternehmensgröße und -geschichte
  • Liquidität (Schufa-Auskunft)
  • Registereintrag (Handelsregister, Handwerksrolle usw.)
  • Entfernung
  • Zugehörigkeit zur EU
  • Produktspektrum, Leistungsspektrum
  • Erfahrungen von Partnerunternehmen, Referenzen
  • Vorhandene/zertifizierte Managementsysteme
  • Musterlieferungen
  • Lieferantenaudit

Bei der fortlaufenden Bewertung liegt der Fokus in der Regel auf:

  • Lieferfähigkeit
  • Pünktlichkeit
  • Qualität der Produkte
  • Serviceleistungen
  • Kulanz, Garantie- und Reklamationsabwicklung

Die Gewichtung der Bewertungskriterien kann variieren. Zudem unterscheiden sich die Kriterien von Lieferant zu Lieferant je nach Produkt oder Dienstleistung.

Zur Beurteilung der bestehenden Lieferanten stehen in der Regel umfangreiche Daten zur Verfügung. Beanstandungen von Lieferungen werden in den meisten Unternehmen zumindest auf dem Lieferschein vermerkt und können ausgewertet werden.

Aus der Praxis: David gegen Goliath
Ein kleines Systemhaus für Sicherheitstechnik und Elektroakustik fungiert als Systemlieferant, d. h. das Unternehmen führt nur Produkte eines großen deutschen Elektronikherstellers im Sortiment. Gleichzeitig bedeutet dies, dass das Unternehmen von seinem Systemanbieter abhängig ist.

Das Systemhaus hatte jahrelang Probleme mit der Belieferung. Bestellungen wurden vom Hersteller verzögert oder in vielen kleinen Teillieferungen geliefert. Zahlreiche telefonische Beschwerden beim Systemanbieter blieben wirkungslos, bis das Systemhaus schließlich resignierte.

Im Zuge der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems wurde die Situation erneut untersucht. Die Belieferung erwies sich als qualitativ mangelhaft, und der Lieferant wurde bei der Lieferantenbewertung als schlecht eingestuft. Was konnte getan werden? Erstmals wurde eine schriftliche Beschwerde zusammen mit der Lieferantenbewertung an den Systemanbieter gerichtet. Irgendwie schien diese schriftliche Beschwerde anders behandelt zu werden als die zahllosen telefonischen Beschwerden: Es zeigte Wirkung. Die Lieferungen erfolgten deutlich pünktlicher, und die Teillieferungen blieben aus. Dadurch lief die Kommissionierung im Systemhaus wesentlich reibungsloser. Die Qualität der Leistungen und die Pünktlichkeit konnten erheblich verbessert werden.

Nach der Bewertung können die Lieferanten in verschiedene Kategorien eingeteilt werden, z. B. A-, B- und C-Lieferanten.

Für sehr kleine Unternehmen mit nur wenigen Lieferanten eignet sich eine ergänzte Lieferantenliste als Nachweis für eine durchgeführte Bewertung. Dabei wird zu jedem Lieferanten vermerkt, warum bzw. in welchen Fällen bei diesem Lieferanten bestellt werden sollte. Ist ein Lieferant besonders schnell, während ein anderer günstiger und zuverlässiger ist? Wenn diese Liste regelmäßig aktualisiert wird, kann dies ebenfalls als "Lieferantenbewertung" gelten.

Irrtum Nr. 6: Alle Lieferanten müssen bewertet werden
Die Norm unterscheidet genau zwischen qualitätsrelevanten und nicht qualitätsrelevanten Lieferanten. An mehreren Stellen fordert die Norm sogar, den Aufwand für Beschaffung und Lieferantenbewertung zu überdenken. Der Aufwand sollte von der Qualitätsrelevanz der Produkte abhängen. Je größer der Einfluss eines Zukaufteils auf das Endprodukt ist, desto höher sollte der Aufwand bei der Lieferantenauswahl, Qualitätsanforderungen und Wareneingangskontrolle sein.

Lieferanten für Büromaterial oder Reinigungsdienstleister in der Verwaltung sind unmittelbar nicht qualitätsrelevant. Hingegen geraten andere qualitätsrelevante Lieferanten oft in Vergessenheit. Oft handelt es sich dabei um "Lieferanten", die Dienstleistungen erbringen, wie Speditionen, IT-Anbieter oder Ersteller technischer Dokumentationen.

Bekomme ich, was ich bestellt habe?

Was bezweckt die Norm?
Die Norm zielt darauf ab, dass eingekaufte Produkte und Dienstleistungen vor ihrer Verwendung geprüft werden.

Was genau besagt die Norm?
Auch wenn die Lieferanten sorgfältig ausgewählt werden, ist es dennoch erforderlich, die gelieferten Produkte zu prüfen. Auch ausgelagerte Prozesse müssen kontrolliert werden. Diese Kontrolle sollte sowohl den Lieferanten als auch seine Produkte oder Dienstleistungen umfassen.

Bei diesen Kontrollmaßnahmen ist die Relevanz der Qualität der zugekauften Produkte oder Dienstleistungen zu berücksichtigen, ebenso wie die internen Kontrollmaßnahmen, die der Lieferant selbst ergreift. Wenn der Lieferant die Qualität gut im Griff hat, kann der externe Eingriff reduziert werden.

Wie kann dies in der Praxis umgesetzt werden?
In jedem Unternehmen erfolgt zumindest eine herkömmliche Wareneingangsprüfung. Dabei werden Menge, Richtigkeit und offensichtliche Schäden bei Lieferungen geprüft. Das Prüfungsergebnis wird in der Regel auf dem Lieferschein vermerkt. Unternehmen müssen diese Prüfung unverzüglich durchführen, während Endverbraucher etwas mehr Zeit haben.

Bei komplexeren und qualitätsrelevanten Produkten ist eine zusätzliche technische Prüfung sinnvoll. Dies sollte für jedes Produkt individuell festgelegt werden. Je wichtiger das zugekaufte Produkt für die Qualität ist, desto aufwendiger sollte die technische Prüfung sein.

Aus der Praxis: Geld gespart?
Die Kunststoffverarbeitungsbranche steht in den letzten Jahren unter immensem Preisdruck. Ein Unternehmen versuchte, durch den Wechsel zu einem günstigeren Lieferanten beim Einkauf von Kunststoffgranulat Geld zu sparen. Dies funktionierte einige Wochen lang gut, bis der Lieferant eine kleine Änderung in der Zusammensetzung des Kunststoffs vornahm. Da diese Änderung nur geringfügig war, wurde sie von den Mitarbeitern in der Warenannahme nicht bemerkt. Auch die Verarbeitung des Materials unterschied sich nicht von der üblichen Vorgehensweise.

Wochen später meldete sich ein Kunde, der sicherheitsrelevante Teile verarbeitet. Die aus dem genannten Material hergestellten Kunststoffteile brachen mehrfach. Es musste eine umfangreiche Rückrufaktion durchgeführt werden. Der entstandene Schaden belief sich auf mehrere Hunderttausend Euro.

Bei ausgelagerten Dienstleistungen sind Prüfungen vor der Erbringung der Leistung nicht immer möglich, sondern erst im Anschluss. Beispielsweise kann die Leistung eines neuen Trainers erst nach dem Training überprüft werden. Daher kommt der vorherigen Auswahl des Trainers eine besondere Bedeutung zu. Dennoch sollte das Training geprüft und im Nachgang bewertet werden, um daraus für zukünftige Schulungen zu lernen und diese weiter zu verbessern. In der Regel werden Dienstleister kontinuierlich überwacht, und bei einer Verschlechterung der Leistung wird das Gespräch gesucht und entsprechende Maßnahmen ergriffen.

Was muss ein Lieferant von uns wissen?

Was bezweckt die Norm?
Die Norm stellt sicher, dass die Anforderungen an Lieferanten stets angemessen sind.

Was genau besagt die Norm?
Im Kapitel "Informationen für externe Anbieter" geht es sowohl um die Anforderungen an die Produkte als auch um die Anforderungen an die Lieferanten und die Zusammenarbeit mit ihnen. Hier werden mögliche Anforderungen an einen Anbieter aufgeführt:

  • Anforderungen an Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse
  • Anforderungen an Freigabeverfahren für Produkte und Dienstleistungen, Produktionsverfahren, -methoden, -ausrüstungen
  • Anforderungen an die Qualifikation des Personals
  • Anforderungen an die Zusammenarbeit

Diese Anforderungen müssen dem Lieferanten mitgeteilt werden, damit er sie erfüllen kann. Außerdem muss der Lieferant wissen, welche Kontrollmaßnahmen auf ihn angewendet werden, also nach welchen Kriterien er beurteilt wird oder ob möglicherweise eine Auditprüfung durchgeführt wird.

Wie kann dies in der Praxis umgesetzt werden?
Je wichtiger der eingekaufte Rohstoff für die Qualität der eigenen Produkte ist, desto höhere Anforderungen müssen an die Rohstoffe, ihre Herstellung und die Lieferanten gestellt werden. Neben Rohstoffen können auch Dienstleistungen wie Reinigungsleistungen oder die Arbeit von freien Mitarbeitern zugekauft werden.

Diese Anforderungen können sich auf die eigentlichen Rohmaterialien beziehen (Sorte, Klasse), aber auch auf deren Herstellung (z. B. Verzicht auf bestimmte Gefahrstoffe, Behandlungsmethoden, Verpackung oder technische Verfahren), die Qualifikation des Personals (insbesondere bei Dienstleistern) oder die Anforderung von Zertifikaten wie beispielsweise die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 oder anderen Normen.

Die Anforderungen an die einzukaufenden Rohstoffe werden in der Regel bereits während der Produktentwicklung festgelegt und sind Bestandteil des Entwicklungsergebnisses. Dabei kann zwischen Standardprodukten und Sonderprodukten unterschieden werden. Standardprodukte und die meisten Rohstoffe werden durch eine Artikelnummer oder eine eindeutige Bezeichnung ausreichend beschrieben. Produkte und Waren, die der Lieferant exklusiv für das Unternehmen produziert, erfordern detailliertere Angaben bis hin zum Lastenheft oder einer Zeichnung.

Alle wesentlichen Anforderungen sollten vertraglich festgelegt werden. Solche Anforderungen können in den Einkaufsrichtlinien des Unternehmens, in speziellen Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV) zwischen Unternehmen und Lieferanten oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Lieferanten enthalten sein. Daher sollte jeder Bestellvorgang sorgfältig auf die vertraglichen Bedingungen geprüft werden. Es ist ratsam, eine solche Prüfung als festen Bestandteil des Einkaufsprozesses festzulegen.

Aus der Praxis: Mehr Leistung zum Nulltarif?
In den letzten Jahren hat sich die Situation für die Qualitätssicherungsabteilungen vieler Unternehmen verschärft: Kunden fordern immer mehr begleitende Dokumentation. Selbst bei kleinen Reklamationen ist ein 8D-Report bereits Standard, dazu kommen Ursachenanalysen nach Ishikawa, 5 Whys oder Baumdiagramme sowie Cpk-Wert-Bestimmungen oder FMEA-Analysen. Oft wird jedoch nicht darüber nachgedacht, ob dieser Aufwand für die Reklamation überhaupt gerechtfertigt ist. Es erfolgt keine klare Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Reklamationen, stattdessen wird pauschal eine bestimmte Aufbereitung verlangt.

Der Arbeitsaufwand für die Qualitätssicherungsabteilung des Lieferanten hat sich dadurch vervielfacht. Es muss klar sein, dass der Lieferant die entstandenen Mehrkosten langfristig auf die Produktpreise aufschlagen wird.