von Enrico Sommerweiß, Leitung Consulting, k+k information services GmbH

Innovationsmanagement in KMU: Innovieren kleine Unternehmen besser? Über das Verständnis, den Balanceakt und die Erfolgsfaktoren.

In einer Zeit der gesättigten Märkte, globaler Player mit eigenständigen Ökosystemen und damit einhergehend immer stärkerem Kosten- und Zeitdruck in den Unternehmen sind Innovationen eines von wenigen Mitteln der Differenzierung. Gerade der deutsche Mittelstand kann sich seit vielen Jahren mit innovativen Produkten und Dienstleistungen in praktisch allen Feldern der globalen Wirtschaft behaupten und in den Spitzengruppen erfolgreich positionieren.

Trotz dieser Erfolge haben Innovationen bei außenstehenden Personen noch immer den Charme eines Glückstreffers. Aber, dass praktisch alle Innovationen das Ergebnis von intensiver Analyse und gezielter Arbeit sind, ist vielen nicht bewusst.

Doch wie soll man, gerade als KMU, Innovationen gezielt fördern, wenn das Tagesgeschäft so sehr fordert?

Dieser Frage sehen wir uns immer häufiger gegenübergestellt. Und so einfach die Fragestellung ist, so vielfältig sind die Lösungsmöglichkeiten.

Wir sagen: Ganz am Anfang steht das Verständnis.

Ein einfacher Satz, der allerdings schon die wesentliche Basis für jegliche Innovation beschreibt. Nur wer die eigenen Produkte, Verfahren, Abläufe und Anforderungen der Kunden kennt, wird in der Lage sein, innovative Lösungen entwickeln zu können, die einen Abnehmer finden.

An diesem Punkt unterscheiden sich vielleicht erfolgreiche Firmen von weniger erfolgreichen Firmen. Wenn jeder Mitarbeiter sich nur innerhalb „seines Mikrokosmos“ am Arbeitsplatz bewegt oder bewegen darf, ist es eher unwahrscheinlich, dass es zu innovativen Lösungen kommen wird.

Freiheit und Ziele sind das A und O.

Seit Jahrzehnten stehen diese Ziele bzw. Werte bei praktisch allen Unternehmen in den Unternehmensbroschüren. Einige Firmen leben das auch. Für andere ist und bleibt es einfach eine Zieldefinition. Jeder Mitarbeiter, der seine Ziele und die des Unternehmens kennt und diese auch unterstützt, wird in der Lage sein über den Tellerrand zu sehen. Wenn man ihm dann auch noch die Freiheiten gibt Lösungen zu entwickeln und abzustimmen, dann kann aus dem Pfad zu einer Innovation eine mehrspurige Autobahn entstehen.

Was sind die richtigen Techniken und Methoden?

Während die vorangegangenen Themen die Basis sind, um überhaupt ein gewisses Maß an Innovationsfähigkeit zu erlangen, gibt es noch viele Stellschrauben, die den gesamten Prozess unterstützen können. Der Einsatz von Methoden und Techniken unterscheidet sich inhaltlich aufgrund unterschiedlicher Branchen, Zielgruppen und auch Unternehmenskulturen von Unternehmen zu Unternehmen. Hier muss jeder das für sich optimale Maß finden und etablieren. Das funktioniert auch nicht über vereinzelte bzw. einmalige Entscheidungen. Es sollte bestenfalls zum elementaren Bestandteil der Unternehmenskultur werden. Das bedeutet, dies ist keine Entscheidung, innerhalb eines Projektes, hier steckt ein stetiger und moderierter Prozess dahinter.

Damit der Traum kein Traum bleibt: Raum für Ideen!

Dieser Punkt enthält sowohl eine physische als auch eine logische Komponente. Als logischen Raum für Ideen muss man die individuellen Freiheitsgrade der Mitarbeiter, die Transparenz im Unternehmen und das Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Unternehmen in der Sache sehen und erkennen können. Denn wichtig ist, dass sich Innovationen im Unternehmen nur dann einstellen, wenn diese Aspekte sicher gestellt sind. Hier haben es KMU oftmals einfacher als Unternehmen mit Konzernstrukturen. Die Abhängigkeit zwischen Unternehmenserfolg und der Arbeit des Einzelnen ist sehr viel stärker ausgeprägt als in großen Unternehmen. Durch die Fixierung auf das Tagesgeschäft werden diese potentiellen Vorteile aber oftmals nicht genutzt.

Wie kann man diese Barriere überwinden? Im Bereich der physischen Komponenten angekommen, betrachten wir zunächst die Zeit, die dem Mitarbeiter für die Findung und Ausarbeitung von Ideen zur Verfügung gestellt wird. Ob es die klassischen Fedex-Days sind, in denen der Mitarbeiter 24 Stunden Zeit bekommt, um sich mit einem Thema intensiv und ungestört auseinandersetzen zu können, ob Zeit kontinuierlich zur Verfügung steht, weil ein Mitarbeiter nicht zu 100% ausgelastet ist, oder ob man dedizierte Ideenfindungsprojekte initiiert, ist praktisch egal. Wichtig ist: Ideen und daraus entstehende Innovationen benötigen Zeit. Und diese muss man bereit sein zu geben!

Auf der anderen Seite stehen physikalische Räume. Die, die Kreativität, die Möglichkeit zur Konzentration oder zum Austausch fördern. Z. B. klassische Sitzecken in einem „entschleunigten Bereich“ der Firma oder: Kreativlabore. Hier steht alles, was es an Tools und Technologien braucht, zur Verfügung. Aber auch die „Kaffeeecke“, die den Austausch zwischen Mitarbeitern fördert, ist ein gutes Mittel der Wahl.

Erkennen die Mitarbeiter diese Räume und nutzen sie diese auch, wird es möglicherweise auch relativ schnell zu einer Menge neuer Ideen kommen, die das Unternehmen weiterbringen können.

UND an diesem Punkt beginnt der schwierigste Teil der Arbeit:

Die goldene Regel: Erfassen und bearbeiten – ALLES!

Jede Idee darf erfasst werden. Es sollte keine Begrenzungen am Eingang zum Ideenmanagement geben. Alles hat einen Hintergrund und kann zu einer spezifischen Optimierung für das Unternehmen führen. Oft erhält man aus vielen sehr kleinen Ideen einen Trigger zu etwas sehr viel Größerem. Hierzu muss es geeignete Möglichkeiten geben, die Idee schnell, einfach und strukturiert zu erfassen. Abhängig von der Unternehmenskultur oder der Zielgruppe geht man mit der Idee direkt in die Moderation oder überlässt sie für eine gewisse Zeit einem „Reifeprozess“.

Ein Beispiel aus der Praxis: Das Projekt COIN

Anhand unseres Beispiels lässt sich die Relevanz des Reifeprozesses sehr gut darstellen:

Dabei übernehmen die Bürger die Kontrolle über das Ideenmanagement der Gemeinde, indem sie sowohl die Ideen erfassen als auch Meinungen bei Diskussionen austauschen. Der Eintrag wird weiterentwickelt und mit einer individuellen Relevanz bewertet. Nach einer gewissen Zeit übernimmt die Gemeinde die wichtigsten Themen in den Gemeindeentwicklungsplan. Dabei nutzt sie die Bewertung der Relevanz aus der Bürgerschaft als Input für den Gemeindeentwicklungsplan. Dadurch wird ein breites Spektrum an Meinungen und Sichtweisen berücksichtigt und die ersten Schritte der fachlichen Bewertung in den Gemeindegremien sind damit deutlich einfacher umsetzbar.

In manchen Unternehmen kann dieses Vorgehen kontraproduktiv sein. Einerseits sind Vorschläge sehr individuell durch die Arbeitsumgebung vorgegeben, andererseits können Themen aufgrund der organisatorischen Rahmenbedingungen schnell in einem Detailgrad diskutiert werden, der nicht zielführend aber kostenintensiv ist. Hier empfehlen wir: Die Ideen direkt nach der Erfassung zu sammeln und diese danach durch ein Ideenmanagement-Tool zu bewerten.

Dazu eignet sich auch das Vorgehen auf Basis des Stage-Gate™-Modells entlang des nachfolgenden Beispiels:

Das Stage-Gate™-Modell.

Einfach gesprochen unterteilt man den Entwicklungsprozess für Ideen in mehrere Abschnitte („Stages“), an deren Ende jeweils ein Meilenstein steht („Gate“). Typischerweise nutzt man im Ideenmanagement 5 bis 7 Abschnitte.

Das Stage-Gate™-Modell.

Das Besondere daran ist, dass in jedem Abschnitt eine neue Facette der möglichen Entwicklung detailliert beschrieben wird. Damit kann eine Idee kontinuierlich weiterentwickelt werden und trotzdem bleibt der Prozess effizient, strukturiert und effektiv. Die Effizienz steigt insbesondere dadurch, dass ein wesentlicher Teil der Ideen, die es nicht im ersten Durchlauf durch den Prozess schaffen, da die geforderten Ergebnisse der Gates („Deliverables“) nicht erfüllt werden, gesichert werden. Diese Ideen sind dann nicht verloren, sondern werden aufbewahrt („hold“) oder in neuen Ideen wiederverwendet („recycle“). In unserer Firma nutzen wir dieses Vorgehen seit 2016 und konnten damit schon eine Vielzahl an Ideen erfassen und daraus neue Angebote für uns und unsere Kunden erzeugen. Das beste Beispiel ist COIN, dessen Ursprung komplett andere Wurzeln hatte und über unser Ideenmanagement, in der Verknüpfung mit anderen Ideen, aber zu einem neuen Produkt wurde.

Kommt man zum Schluss, dass es sich lohnt eine Idee weiterzuentwickeln, ist man typischerweise auf das Wissen weiterer Stakeholder und ggf. auch das Wissen der Kunden angewiesen. Auch dies kann man methodisch sehr gut unterstützen.

Das Prinzip – Effectuation.

Effectuation beschreibt einen kollaborativen und interaktiven Prozess in der Entwicklung. Auch hier erfolgt die Entwicklung in einzelnen Schritten. Wesentlich ist, dass man für jeden Entwicklungsschritt die Zusammenarbeit mit einem geeigneten Partner oder Sponsor sucht. Damit erzeugt man ein sehr dynamisches Entwicklungsumfeld, bei dem sehr viele inhaltliche Wünsche und Vorstellungen für ein Produkt in Abhängigkeit zueinander gebracht werden. Basierend auf Annahmen über die notwendige Funktionalität eines Produkts, wird in der direkten Kommunikation mit den Sponsoren ein passendes Funktionsset entwickelt. Während der Entwicklung kann es dabei zur dynamischen Anpassung der Entwicklungsteams kommen, da während einer Phase ein anderes Skillset benötigt wird. Dadurch kann man recht schnell – teilweise schon mit zwei Iterationen – zu marktgerechten Produkten kommen. Bei der k+k information services GmbH wurden durch diesen Ansatz die AR-Produkte bis zur Marktreife entwickelt.

Wie bei der k+k Innovationen entstehen:

Seit einigen Jahren nutzt das Unternehmen neben Design Thinking und Lean Innovation die vorgestellten Methoden und Techniken und schafft so die notwendigen Freiräume. So konnten wir den Sprung vom klassischen Mittelständler zu einem modernen, agilen und kundenorientieren KMU schaffen. Es ist ein Prozess, der vor wenigen Jahren begonnen hat und noch lange nicht am Ende ist.

 

Nutzen Sie die Gelegenheit und lesen Sie alle Blogartikel zur unseren Serie Innovation:

Innovation – das Unmögliche möglich machen!?

Innovationsmanagement oder die Kunst, mit Kultur Ideen zu schaffen.

INNOVATIONS(T)RAUM?!

Für uns bedeutet Innovation, dass etwas Neues – sei es ein Produkt, ein Prozess oder ein Geschäftsmodell – erfolgreich platziert und vom Markt bzw. der Organisation gewinnbringend genutzt wird. Innovation heißt nicht, dass Unternehmen immer nur das radikal Neue brauchen, das kann weder das Unternehmen noch der Markt verkraften.

Kontakt

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Was ist die Summe aus 6 und 5?