von Korbinian Riedl, OKR Coach und Berater bei Murakamy

Woran erkennt man ein gutes Unternehmensleitbild?

Gibt es in Ihrem Unternehmen eine klar formulierte Vision? Und wenn ja, können Sie diese 1:1 wiedergeben? Nein?

Irgendwas mit „Marktführer...“, „der größte/beste…“, „DER XY-Anbieter" oder „X Mio. € 2025…“?

So, oder so ähnlich ist hierzulande der Stand bei der Vision & Mission in vielen Unternehmen. Die Themen wurden lange Zeit eher stiefmütterlich behandelt und hatten keinen hohen Stellenwert in den Management-Riegen. Langsam tritt eine Veränderung ein und es wird klar, etwas, das Orientierung gibt und das einem dabei hilft, strategische Entscheidungen zu treffen auf dieser Ebene hilfreich wäre. Das hat vor allem mit der immer komplexer werdenden Welt und den unzähligen Möglichkeiten zu tun, die sich vor allem im Zuge der Digitalisierung ergeben und viele Führungsteams überfordern.

Ein klares Leitbild reduziert Komplexität

Das Leitbild definiert den strategischen Überbau eines Unternehmens und besteht aus: 

  • Vision
  • Mission
  • Hypothesen
  • Strategien
  • Werten

 

Es soll die Komplexität reduzieren, indem es die unzähligen Möglichkeiten sortiert und priorisiert. Die Bestandteile des Leitbilds fungieren dabei wie unterschiedlich feine Filter:

Die Vision beantwortet die Frage des „Why?“

Hier wollen wir beschreiben wie wir die Welt gerne sehen würden: Wie sieht die Welt aus, wenn die Probleme, die unsere Kunden mit unseren Produkten oder Services lösen können, nicht mehr bestehen?

In unseren Augen kann in diesem Satz das Wort „Wir“ nicht vorkommen, wenn man das Thema konsequent aus der Perspektive des Kundennutzen betrachtet! Die Vision ist sozusagen der gröbste Filter und sortiert alle Themen aus, die keinen Beitrag zu der Lösung des Problems beitragen, das wir für unsere Kunden lösen wollen.

Folgende Fragestellungen helfen dabei, eine gute Vision für ein Unternehmen zu entwickeln:

  • Welches Problem wollen wir lösen?
  • Welchen Nutzen wollen wir für den Kunden generieren?
  • Welchen Misstand wollen wir bekämpfen?
  • Wie schaffen wir es, die Welt ein Stückchen besser zu machen?

 

Die Mission beantwortet die Frage des „How?“

Die nächste Stufe in unserem Filter ist die Mission. In unserer Mission sagen wir, „wie“ wir unsere Vision erreichen wollen: Wie wollen wir das Problem angehen? Wie sieht unsere Lösung des Problems aus? Welche Rahmenbedingungen definieren unseren Erfolg? 

Auf dieser Stufe tauchen auch „Wir“ auf und sagen ganz konkret, was unser Ansatz ist, um unsere Vision zu erreichen. Mit Sicherheit gibt es immer mehrere Wege, die man beschreiten könnte – die Mehrzahl sollte allerdings durch die Mission ausgeschlossen (-gefiltert) werden, sodass ein klarer Fokus entsteht.

Die Vision, ein gesundes Leben im Alltag zu ermöglichen, haben mit Sicherheit viele Unternehmen. Sie kann auf vielen Wegen erreicht werden: Ernährung, Aufklärung, Sport usw... Jede Organisation, die sich dieser oder einer ähnlichen Vision verschreibt, muss nun in der Mission konkret definieren, wie die Vision erreicht werden soll.

Wenn man es ernst meint mit der Formulierung eines Mission Statement muss man in der Lage sein, etwas zu definieren, womit man andere missionieren möchte. Also muss man davon überzeugt sein, dass es der - aktuell - beste Weg ist, um die Vision zu erreichen. Dies ist in der modernen Business-Welt zunächst einmal völlig unabhängig vom Erfolg des eigenen Unternehmens! Nur so schafft man es, etwas zu formulieren, was für Mitarbeiter und Kunden authentisch und glaubwürdig ist.

Hypothesen bilden die Grundlage für die Strategie

Bevor man aus der Vision & Mission nun die Strategien ableitet müssen Hypothesen aufgestellt werden, wie sich die Welt verändern wird und was das für uns bedeutet. Aufgrund der Hypothesen werden wiederum einige Themen ausscheiden und die Komplexität weiter reduziert – je klarer die Annahmen definiert sind, desto klarer kristallisieren sich die wichtigsten Themenfelder heraus.

Folgende Fragestellungen können hilfreiche Anhaltspunkte bieten:

  • Wie entwickelt sich das Bedürfnis unserer Kunden?
  • Wie entwickelt sich das Marktumfeld?
  • Welche gesellschaftlichen Veränderungen finden statt?
  • Welche technologischen Veränderungen treten ein?
  • Welche Trends werden aufkommen und sich auch durchsetzen?
  • Wie entwickeln sich unsere eigenen Ressourcen?
  • Wie verändert sich die Art unseres Geschäftsmodells?

 

Ziel der Hypothesen ist es, die Situationen um unser eigenes Unternehmen herum besser einschätzen zu können, um so die Einflussnahme auf unsere eigenen Bemühungen besser abschätzen zu können und die Strategien darauf auszurichten, Lösungen entsprechend so zu kreieren, dass sie zu den zukünftigen Entwicklungen passen.

Die Strategie beantwortet die Frage des „What?“

Aufgrund der formulierten Hypothesen können wir nun entscheiden, „was" wir mit unseren verfügbaren Ressourcen am sinnvollsten machen können, sodass wir unserer Mission und Vision näherkommen. Der Zeithorizont für eine Strategie sollte in unserer schnelllebigen Welt nicht mehr als max. zwei Jahre betragen und regelmäßig überprüft werden. Erfahrungsgemäß reichen 10 klare Aussagen, um die Strategie eines Unternehmens für die nächsten 1-2 Jahre abzubilden.

Eine gute Strategie erkennt man daran, dass sie einem im Alltag hilft, zu entscheiden, ob ein Thema angegangen wird oder nicht. Sie ist sozusagen die nächste Ebene des Filters, der Themen aussortiert, mit denen man sich dann überhaupt nicht beschäftigen muss. Das erleichtert das Leben im Arbeitsalltag ungemein und führt dazu, dass die Organisation Ruhe findet und die Mitarbeiter fokussiert an den wichtigsten Themen arbeiten können. Dass das die Ergebnisse positiv beeinflusst und die Zufriedenheit der Mitarbeiter fördert liegt auf der Hand.

Als weiteren positiven Effekt einer klar und einfach verständlichen Strategie ist zu nennen, dass Teams und Mitarbeiter selbstständig bessere Entscheidungen treffen können, je klarer die Gesamtausrichtung ist. Erst wenn das gut umgesetzt ist, können moderne Konzepte wie z.B. selbstorganisierte Teams richtig gut funktionieren.

Die Werte bilden eine Hygiene-Ebene

Die nächste Ebene des Leitbilds bilden unsere Werte. Auch sie haben eine Filterfunktion und sieben alle Themen oder Ansätze aus, die uns ggf. unserer Mission oder Vision entgegenbringen würden, jedoch aus moralischen oder ethischen Gründen nicht zu uns passen. Auf dieser Ebene ist es immer einfach, sich wohlklingende Worte wie Transparenz oder Vertrauen auf die Fahnen zu schreiben. Die Belastbarkeit wird sich allerdings immer erst zeigen, wenn es schmerzhaft wird, diese Werte auch einzuhalten: Wie hält man es z.B. mit der Transparenz, wenn man feststellt, dass Stellen abgebaut werden müssen?

Werte sind erstrebenswerte und als moralisch gut betrachtete Eigenschaften, die Charaktereigenschaften oder Verhaltensmuster beschreiben. Sie beschreiben eine Ideologie, da die Mitarbeiter des Unternehmens dem Wertesystem einen Anspruch auf Wahrheit entgegenbringen.

Wenn man sein Leitbild definiert hat und merkt, dass die einzelnen Bausteine zusammenpassen und dadurch Klarheit entsteht, gilt es, in die konsequente Umsetzung zu gehen. Hier liefert das Leitbild die Grundlage, dass Frameworks wie z.B. Objectives & Key Results (OKRs) funktionieren können und für Fokus und Transparenz sorgen, um nur ein Beispiel zu nennen. In einem regelmäßigen Prozess wird das Leitbild überprüft und sichergestellt, dass vor allem die Hypothesen, aufgrund derer wir die Strategien definiert haben, weiterhin gelten. Sauber herunter gebrochen steht dem Erreichen unserer Vision damit nichts mehr im Wege und die Führungskräfte können sich auf ihre eigentliche Aufgabe fokussieren: Führen.

 

Mehr zum Thema:

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Die agile Führung

Über Murakamy und den Autor Korbinian Riedl:

https://murakamy.com

 

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